Erfurter Grüne zu Leistungserschleichungen bei der EVAG

Zahlreiche Kommunen haben sich in den vergangenen Monaten dazu entschieden, Leistungserschleichungen im kommunalen Nahverkehr nicht mehr strafrechtlich anzuzeigen sondern zivilrechtlich zu verfolgen, zuletzt auch Köln. Hintergrund ist, dass gegen Personen, die mehrfach kein Ticket vorweisen können, Strafanzeige gestellt werden kann. Wenn es zur Verurteilung kommt, kann eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden.

Dazu erklärt Stadtrat Jasper Robeck: „Mehr als 1000 Ersatzfreiheitsstrafen werden in Thüringen jedes Jahr aufgrund von „Schwarzfahren“ angeordnet. 150 Euro kostet dabei jeder Hafttag den Staat. Die Kriminologie zeigt, dass Ersatzfreiheitsstrafen keine positiven Effekte haben, davon aber insbesondere Suchtkranke, psychisch erkrankte oder ältere Menschen betroffen sind. Wir wollen dem Vorbild anderer Kommunen folgen, damit niemand, der in Erfurt ohne Ticket erwischt wird, ins Gefängnis kommt. Gefängnis für Menschen, die ein Strafgeld nicht bezahlen können, ist ein Relikt des letzten Jahrzehnts. Daher schlagen wir vor, dass die EVAG keine Strafanzeigen mehr stellt, sondern Leistungserschleichungen zivilrechtlich verfolgt. Es gibt damit weiter die Möglichkeit, das erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro auf zivilrechtlichem Weg einzuklagen.“

Stadtrat und Oberbürgermeisterkandidat David Maicher ergänzt: „Das Strafrecht ist ungeeignet, um Menschen in sozialen Problemlagen zu erreichen. Betroffene sind oftmals alleinstehend Demente, Wohnungslose, Suchtkranke oder psychisch erkrankte Personen – also in außergewöhnlichen Lebenssituationen. Diese sitzen dann im Gefängnis, schlimmstenfalls werden dadurch Therapien abgebrochen oder Menschen aus sozialen Beziehungen gerissen. Für diesen Unsinn zahlt der Steuerzahler auch noch ein Vielfaches von der Summe, die ursprünglich erschlichen wurde. Mit einem Verzicht auf Strafanzeige wird der Staat entlastet und kann sich um Menschen in Problemlagen kümmern. Perspektivisch braucht es eine Anpassung des Strafrechts, die Leistungserschleichung nicht weiter als Strafrechtbestand ansieht.“

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