Die Gelegenheit ist günstig, denken offenbar einige, um den Grünen so richtig eine auszuwischen. Falsch gedacht.
Wir Grüne engagieren uns seit Jahren für den Baumerhalt in Erfurt. Wir tun das mit Nachfragen, Anfragen und vor allem Anträgen in rauen Mengen. Im Stadtrat und in den verschiedenen Ausschüssen – und auch im städtischen Haushalt. Das gefällt einigen nicht, gefällt vielleicht sogar vielen nicht. Wir wissen das.
Deshalb ohne Aufregung und der Reihe nach. Beginnen wir mit der BUGA und dem BUGA-Ausschuss, den es seit Ende Mai 2017 gibt.
Im Stadtrat hatten wir am 15.6.2017 zum Antrag der Verwaltung „Vorentwurf Nördliche Geraaue“ einen Antrag eingebracht, im Kilianipark keine Bäume zu fällen. Unser Antrag zum Baumerhalt wurde von den anwesenden Stadtratsmitgliedern aller Fraktionen komplett (mit 27 Stimmen und einer Enthaltung) abgelehnt. Auch mit aus diesem Grund haben wir dem Vorentwurf „Nördliche Geraaue“ in der genannten Ratssitzung dann natürlich nicht zugestimmt. Ausdrücklich sei hier festgehalten, dass in diesem Vorentwurf von Baumfällungen im Nordpark noch keine Rede war.
Am 20.2.2018 gab es im BUGA-Ausschuss eine „Information“ der Verwaltung zur „Entwurfsplanung Nördliche Geraaue“. Wir waren im Vorfeld die Einzigen, die zu den geplanten Fällungen kritisch nachgefragt haben, um die Antwort zu erhalten: insgesamt wird es im Plangebiet 638 Fällungen geben und 1010 Neupflanzungen. Von den anderen Fraktionen war nichts zu vernehmen.
Als dann zeitgleich die Aktualisierung der Entwurfsplanung im BUGA-Ausschuss auf dem Tisch lag, haben wir als Grüne u.a. die Asphaltierung des Radwegs zurückgewiesen und vor allem Widerspruch erhoben gegen die geplante Wegeführung im Nordpark. Denn Bäume sollten gefällt werden wegen der Führung der Wege. Wir wollten eine Umplanung der Wegeführung, um Bäume zu retten und haben ein umfangreiches und detailliertes Papier zur Korrektur der Planungen eingereicht. Doch unser Appell wurde nur zur Kenntnis genommen und hatte im Ausschuss keine Chance, auch nur über die Ebene reiner Diskussion hinauszukommen. Die Mehrheitsverhältnisse waren deutlich. So haben alle anderen anwesenden Mitglieder der Gesamt-Vorlage der Verwaltung zugestimmt. Also auch den Baumfällungen in dem oben genannten Umfang. Wir Grünen haben das nicht getan!
An diesem 20.2.2018 fiel die inhaltliche Entscheidung für die BUGA-Maßnahmen im Nordpark. Spätere Beschlüsse hatten nur noch die Vertragsvergabe an das ausführende Unternehmen zum Inhalt. Wer also hat sich nun für den Baumerhalt eingesetzt? Urteilen Sie bitte selbst.
Dass jetzt ausgerechnet Mitglieder dieser Fraktionen uns Versagen vorwerfen, ist dreist und eine Umkehrung der Tatsachen. Man merkt die Absicht und ist verstimmt, um Goethes Torquato Tasso aufzugreifen. Da die Öffentlichkeit uns zu Recht fragt, was habt Ihr als Grüne hier beschlossen – und weil prominente Stadtratsmitglieder uns etwa per Facebook unterstellen, wir hätten doch alles genauso mitgetragen – haben wir uns zu einer öffentlichen Veranstaltung mit Bürger*innen-Dialog vor Ort entschlossen. Darum unsere Demo am 16. Februar.
Da also stehen wir jetzt. Wir Grüne machen so weiter im BUGA-Ausschuss wie bisher. Daher unser Dringlichkeitsantrag für die Sitzung am 19.02.2019. Damit wollen wir alle Beteiligten zum Überdenken der geplanten Fällungen animieren – und die Bevölkerung einbinden. Wir finden, der neue Bürger-Beteiligungsrat sollte sich auch zu diesem Thema äußern dürfen.
Dies sind unsere Beschlusspunkte für den heutigen BUGA-Ausschuss:
1. Sämtliche Baumfällungen im Nordpark und nördliche Geraaue, die im Kontext der BUGA-Planungen stehen, werden sofort eingestellt.
2. Die Konzeptionen zur Grüngestaltung im Rahmen der BUGA 2021 werden der Öffentlichkeit auf einer Veranstaltung präsentiert.
3. Die Zahl der neu zu pflanzenden Bäume im Rahmen der BUGA-Grüngestaltung muss mindestens verdoppelt werden. Dabei sind der Nordpark, die gesamte nördliche Geraaue bis über Erfurt-Gispersleben hinaus als Pflanzgebiet in die Planung einzubeziehen.
4. Ein Viertel der neu zu pflanzenden Bäume soll einen Stammumfang von mindestens 35 cm haben.
Weil wir gerade dabei sind. Es gibt ja nicht nur den BUGA-Ausschuss. So beantragen wir regelmäßig bei fast allen Bebauungsplänen mehr Schutz von Bestandsbäumen und deren Integration in die Planungen. Dies machen wir seit Jahren immer und immer wieder – aber selten bekommen unsere Anträge die mehrheitliche Unterstützung im Rat oder den Ausschüssen. An uns Grünen liegt es ganz bestimmt nicht, wenn Bäume gefällt werden.
Vor diesem Hintergrund und um es künftig der Stadtverwaltung, den Stadtplanern, den Architekturbüros und auch dem Stadtrat etwas einfacher zu machen, haben wir uns für einen generellen Beschluss für mehr Baumschutz bei Baumaßnahmen eingesetzt. Mit der Drucksache 0328/18 wurde unser Antrag „Bestandsbäume in Bebauungsplänen und bei Baumaßnahmen“ im Mai 2018 diesmal tatsächlich mit Mehrheit beschlossen. Demnach müssen Bestandsbäume seitdem deutlicher in Stadtplanung integriert werden und genießen nun mehr Schutz als früher. Das war ein guter Beschluss, den wir vorbereitet und überzeugend eingebracht haben.
Es bleibt noch viel zu tun. So können wir uns ökologisch aufgewertete Baumscheiben und intensivierte Pflegepatenschaften vorstellen. Auch setzen wir uns für mehr Haushaltsmittel für Baumpflanzungen und für die Umsetzung der künftigen Maßnahmen im Rahmen der „Nachhaltigen Kommune“ ein.
Wir sind sehr froh über den Protest aus der Erfurter Bürgerschaft und die Sensibilisierung für den Baumschutz. Mit mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und der Unterstützung der Erfurterinnen und Erfurter haben wir zukünftig auch eine größere Chance, Baumfällungen in solchen Größenordnungen zu verhindern.
Wir Grüne sind weit davon entfernt zu glauben, das, was wir seit Jahren für den Baumschutz in Erfurt gemacht haben, könnte nicht noch besser gemacht werden. Natürlich kann es immer noch besser gemacht werden. Ausgerechnet uns aber Versagen oder gar Stimmungsmache gegen die BUGA vorzuwerfen, ist deshalb so unpassend wie unredlich. So sieht es aus. Ohne Aufregung, aber mit Klarheit.
Herzliche Grüße
Prof. Dr. Alexander Thumfart
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