Liebe Fraktionen im Erfurter Stadtrat,
in den letzten Monaten wurde deutlich, dass uns allen eine Verbesserung der Radverkehrsbedingungen in Erfurt sehr am Herzen liegt. Zahlreiche Anträge der verschiedenen Fraktionen im Stadtrat zeugen davon. Deutlich wurde aber auch, dass in der Verwaltung zurzeit das Personal und zusätzliche Kapazitäten fehlen, um die gefassten Beschlüsse auch umsetzen zu können. Aufgrund der personellen Engpässe in der Stadtverwaltung haben wir alle schon die Erfahrung gemacht, wie geduldig Papier doch sein kann…
Ganz konkret schreibt die Stadtverwaltung in der Stellungnahme zur Drucksache 1778/19 (Umsetzung der Maßnahmenschwerpunkte Radverkehrskonzept), die u.a. im kommenden Stadtrat behandelt wird:
„Alle personellen Kapazitäten im Tiefbau- und Verkehrsamt sind derzeit für die Bauvorhaben der BUGA und die laufenden Projekte gebunden. Zusätzliche Kapazitäten sind nicht vorhanden. Zudem war es nicht möglich die Stelle eines Radverkehrsbeauftragten im Stellenplan der Stadt aufzunehmen. Durch den Radverkehrsbeauftragten können sämtliche Belange des Radverkehrs in der Stadt koordiniert und in die geplanten Straßenverkehrsprojekte eingebracht werden.“
Daraufhin haben wir, wie Sie sicherlich wissen, als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 14. November 2019 einen Änderungsantrag zur Schaffung eines/einer Radverkehrsbeauftragten gestellt (DS 2409/19).
Die Stadverwaltung hat in ihrer Stellungnahme diesen Antrag deutlich begrüßt:
„Im November 2014 beschließt der Stadtrat das Radverkehrskonzept als Teil des Verkehrsentwicklungplanes. Mit dieser Entscheidung wächst die politische Unterstützung, den Radverkehr in Erfurt weiter zu fördern und zu erhöhen. Der Anteil des Radverkehrs in den vergangen 25 Jahren ist von 3% auf 13%gestiegen, hat sich somit mehr als verdreifacht und diese Tendenz ist weiter steigend. Gleiches gilt für die Länge des Radwegenetzes, welches sich seit 1990 von 44 km auf 197km im Jahr 2017 mehr als vervierfacht hat. Da diese Entwicklung, auch in Hinblick auf stetige Präsenz der Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Gesellschaft, weiter anhalten wird und es gilt, diese Entwicklung zugleich zu fördern und zu unterstützen, begrüßt das Tiefbau- und Verkehrsamt den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und nimmt dazu nachfolgend Stellung:
„BP 03 Für die Umsetzung der Maßnahmenschwerpunkte „Radverkehrskonzept“, ist eine Stelle für eine/n Radverkehrsbeauftragte*n zu schaffen. Die notwendigen Mittel dafür sind in den Nachtragshaushalt einzustellen.“
Seit Jahren wird die Stadtverwaltung vom Stadtrat kritisiert, Radverkehr nicht in gebotener Weise zu fördern oder auch nur zu priorisieren. Auch wenn die Stadtverwaltung wiederholt deutlich macht, dass sie nach besten Möglichkeiten das Thema Radverkehr und die Umsetzung des Radverkehrskonzepts unterstützt, scheint die Einrichtung einer solchen Stelle notwendig, um dem Thema auch in personeller Hinsicht Gewicht zu verleihen. Mit der Einrichtung dieser Stelle kann auch dieser Forderung Rechnung getragen werden. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch der Freistaat Thüringen haben in der Vergangenheit eine Vielzahl von Förderprogrammen initiiert von denen die Landeshauptstadt Erfurt nur teilweise partizipieren kann, da der planerische und konzeptionelle Vorlauf innerhalb der Stadtverwaltung fehlt. Durch den Radverkehrsbeauftragten können sämtliche Belange des Radverkehrs in der Stadt koordiniert und in die geplanten Straßenverkehrsprojekte eingebracht werden.
Da es bereits seit vielen Jahren eine Anliegen des Erfurter Stadtrates und der Stadtverwaltung ist, den Radverkehr zu fördern und zu priorisieren und mit dem vorliegenden Antrag dieser politische Wille erneut zum Ausdruck gebracht wird, wird empfohlen die Einrichtung einer Stelle im Nachtragshaushalt zu erörtern Aufgrund dessen sollte diese Thematik im Zuge der Beratungen zum Nachtragshaushalt aufgerufen werden.“
Für den Nachtragshaushalt haben wir daher einen Antrag zur Einstellung von 27.250€ für die Stelle eines/einer Radverkehrsbeauftragten vorgesehen. Damit soll die Stelle ab August besetzt werden können. Diesen Zeitpunkt halten wir für realistisch, da ja erst eine Ausschreibung der Stelle erfolgen muss. Es soll eine Art Stabstelle ermöglicht werden, um der/dem Radverkehrsbeauftragen auch die nötigen Befugnisse und Kompetenzen zu geben, Radverkehrsbelange innerhalb der Verwaltung durchsetzen zu können. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der bisher zuständigen Sachbearbeiterin für Radverkehr eben hier an vielen Stellen nicht nur die nötigen Kompetenzen nicht gegeben waren, sondern sie auch nicht genügend Kapazitäten hatte, sich ausschließlich dem Radverkehr zu widmen. Wir halten daher die Schaffung einer Art Stabstelle für unumgänglich, wenn sich für den Radverkehr etwas in den nächsten Jahren bewegen soll.
Auch in Ihrem eigenen Interesse der Umsetzung Ihrer Radanträge bitten wir Sie daher dringlich, sowohl dem Änderungsantrag als auch der Einstellung der Mittel im Haushalt zuzustimmen. Dies wäre die Möglichkeit, dass sich neben der BUGA auch im nächsten Jahr etwas für den Radverkehr verbessert.
Zur Kenntnisnahme haben wir dieses Schreiben auch den städtische Interessensverbänden, die sich für Radverkehr einsetzen, geschickt.
Mit freundlichen Grüßen
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Erfurter Stadtrat
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