Der Oberbürgermeister legte gleich zu Beginn der Sitzung eine Vorlage zur Beschlussfassung vor, mit der das formelle Zustandekommen des Bürgerbegehrens „Erfurt klimaneutral bis 2035“ (Klimaentscheid Erfurt) festgestellt und beschlossen wurde. Dass das Bürgerbegehren diese Hürde nehmen konnte, macht uns stolz und glücklich! Nun wird es auf die inhaltliche Ausarbeitung der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen für Erfurt ankommen. Diese müssen unserer Ansicht nach ambitioniert gefasst und engagiert umgesetzt werden, soll Erfurt bis 2035 klimaneutral sein. Bislang ist die Landeshauptstadt den bisherigen Klimaschutzzielen leider nicht gerecht geworden. Wir werden darum auch künftig immer wieder die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen einfordern und zur Einhaltung der eigenen Ziele ermahnen.
Mit dem grünen Antrag 0728/18 „Rathausbrücke entschleunigen“ wurde die Verwaltung aufgefordert, Maßnahmen zur Unterstützung des Shared Space Charakters der Rathausbrücke zu ergreifen. Auch sollte eine Attraktivitätssteigerung im Bereich Wenigemarkt geprüft und mit den Betroffenen diskutiert werden. Ziel der Maßnahmen war sowohl die Anzahl als auch die Geschwindigkeit der Fahrzeuge des motorisierten Verkehrs deutlich zu senken und damit die Sicherheit und Aufenthaltsqualität spürbar anzuheben.
In der Zwischenzeit führte die Stadtverwaltung eine Bürger*innenbeteiligung und Befragung durch, bei der drei mögliche Szenarien beleuchtet und zur Abstimmung gegeben wurden:
Variante 1 – Sperrung Futterstraße
Variante 2 – Sperrung Wenigemarkt (Höhe Pilse)
Variante 3 – Sperrung Rathausbrücke
Im Ergebnis ist festzustellen, dass die überwiegende Mehrheit der Anwohner*innen eine weitere Verkehrsberuhigung befürwortet, während viele Gewerbetreibende weitere Einschränkungen ablehnen bzw. kritisch bewerten.
Nun schlug die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage vor, zunächst für ein Jahr die Variante 2 (Sperrung Wenigemarkt) zu testen. Wir hingegen sind der Meinung, dass nur eine vollständige Sperrung des Wenigemarkts und der Rathausbrücke (ausgenommen sind natürlich Anwohner*innen, Notdienste, Lieferverkehr u.ä.) zur Attraktivitätssteigerung beiträgt und der Innenstadt gerecht wird. Darum plädierten wir in unseren beiden Änderungsanträgen für die Umsetzung der Variante 1 inklusive einer Pollersperre in der Futterstraße (Test für ein Jahr). Die CDU-Fraktion schloss sich uns an, wollte jedoch auf den Poller verzichten. Leider formierte sich rund um die SPD-Fraktion ausreichend KFZ-Enthusiasmus, so dass sowohl unser Antrag, als auch der Änderungsantrag der CDU-Fraktion abgelehnt wurde. Die Mehrheit hängt sogar an einem derart sensiblen Bereich der Altstadt noch am Bild der autogerechten Stadt, so dass nur die Variante 2 beschlossen wurde.
Unser Änderungsantrag zur Beschlussfassung: Fußgängerfreundliche Innenstadt
Die CDU-Fraktion legte für diese Stadtratssitzung einen Antrag vor, mit welchem sie recht grob skizziert die Bedürfnisse der Fußgänger*innen in der Begegnungszone in der Innenstadt hervorheben wollte. Dabei schwebte der Antrag etwas im luftleeren Raum, schließlich haben wir mit der Begegnungszone bereits seit gut 10 Jahren eine gültige Beschlusslage für die Innenstadt inklusive Domplatz.
Darum schlugen wir mit unserem Änderungsantrag vor, in erster Linie konsequent auf die Einhaltung der geltenden Beschlüsse zur Begegnungszone zu achten. Zudem plädierten wir für eine sichtbarere Führung des Radverkehrs über den Domplatz, um die gegenseitige Sensibilität zwischen dem Fuß- und dem Radverkehr zu steigern. Auch sollte dabei das Augenmerk auf eine bessere Anbindung
des Zick-Zack-Panoramaweges an den Domplatz, ggf. unter Neuordnung der Tiefgaragenzufahrt, gelegt werden. Ziel dieser Maßnahmen sollte die Prüfung der Reduzierung der Spuren für ein- und ausfahrende Fahrzeuge und die Einordnung von Zebrastreifen sein.
Schließlich sollten erkennbare Querungsstellen geprüft werden. Durch die Anhebung /Abhebung der Fahrbahn in einer geringeren Steigung / Stufe könnte der Bereich für den Fußverkehr hervorgehoben werden, wobei nicht die Geschwindigkeitsreduzierung das eigentliche Ziel ist, sondern eher die Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Fußgänger und Fußgängerinnen.Leider waren wir auch mit diesem differenzierenden Antrag nicht erfolgreich.
Beschlussfassung: Entwicklungskonzept Thüringer Zoopark Erfurt
Der Thüringer Zoopark steht zur Zeit vor sehr großen Herausforderungen. Die finanzielle Situation des Zoos lässt großflächige Investitionen nicht zu, so dass in absehbarer Zeit nicht alle der im Jahr 2018 gefassten Ziele realisierbar sind. Daneben machte der Zoopark im letzten Jahr mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Es bedarf daher einer Bestandsaufnahme, Überarbeitung und Neuausrichtung der Inhalte des Entwicklungskonzepts für den Thüringer Zoopark Erfurt.
Vor diesem Hintergrund stellten wir unseren Antrag, den wir im Laufe der Ausschussdebatten mit der CDU-Fraktion inhaltlich ergänzten. Wir forderten damit, dass das gültige Zooparkkonzept evaluiert und zeitgemäß fortgeschrieben wird. Im Mittelpunkt sollen dabei die artgerechte Tierhaltung und die Natur- und Umweltbildung stehen. Im Zuge der Überarbeitung ist auch eine strukturelle Neuausrichtung der Organisationsebene in das Entwicklungskonzept mit einzubeziehen. Unterstützend dazu soll der Oberbürgermeister Verhandlungen mit der Landesregierung bzgl. einer finanziellen Landesförderung führen. Nachdem auch die SPD-Fraktion sich dem Thema mit einer eigenen Ergänzung anschloss, wurde unser gemeinsamer Antrag beschlossen. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse und Erkenntnisse der bevorstehenden Evaluation des Zooparkkonzepts.
Mit diesem neuen Bebauungsplan ist das bisher geplante (und von uns immer abgelehnte) Parkhaus am Huttenplatz endlich Geschichte, und das ist auch gut so!
Nun soll hier das Ausstellungshaus „Welt der Versuchungen“ entstehen. Dafür legte die Stadtverwaltung eine Beschlussvorlage vor. Hierbei wurden zwei Knackpunkte erkennbar:
- Der vorhandene Baumbestand war nicht explizit geschützt durch die Vorlage der Verwaltung;
- Die geforderten Stellplätze in Form einer Tiefgarage übersteigen den Bedarf der Projektträgerin deutlich, weil auf dem Grundstück eine Baulast zugunsten der Evangelischen Kirche in Höhe von 79 Stellplätzen liegt. Dabei ist die Kirche mit der Projektträgerin in Verhandlungen, eine Halbierung des Bedarfes zeichnet sich heute schon ab, was die Verwaltungsvorlage nicht aufgegriffen hatte!
Wir reichten also einen grünen Änderungsantrag ein, um einerseits den Baumbestand vom ersten Schritt an bereits im Rahmen der Auslobung des Architekturwettbewerbs zu schützen (entsprechend der Beschlusslage der Drucksache 0010/22 „Selbstverpflichtungserklärung zum Baumschutz“), und um andererseits auf die laufenden Gespräche zwischen der Projektträgerin und der Evangelischen Kirche zu reagieren und Alternativszenarien bzgl. einer Senkung des Stellplatzbedarfs gleich mitzudenken. Wir sollten der Vorhabenträgerin an dieser Stelle keine unnötigen wirtschaftlichen Lasten aufbürden und keine Überkapazitäten in Tiefgaragen schaffen. Wir freuen uns sehr, dass unser Änderungsantrag eine Mehrheit fand und wir die Beschlusslage zum Ausstellungshaus „Welt der Versuchungen“ an zwei sehr wichtigen Punkten ergänzen konnten!
Wir waren etwas erstaunt uns sehr erfreut über die widerspruchlose und breite Zustimmung zu diesem Antrag, den wir bewusst gestellt haben, weil eine Teilnahme am Modellprojekt „Kommunale Allianzen und Strategien gegen Rassismus und Hass“ der Erfurter Stadtverwaltung gut tun würde.
Das Projekt begleitet Modellkommunen (insgesamt 10) darin, Führungskräfte und Mitarbeitende der Verwaltung gegen Rassismus und Hass zu stärken. Laufzeit des Projekts ist 2023 bis 2025. In jeder Kommune werden drei Basismodule bedarfsangepasst durchgeführt:
- Aufbau einer lokalen Allianz gegen Rassismus und Hass zwischen Verwaltung, Beratungs- und Hilfestellen sowie den lokal zuständigen Sicherheitsbehörden
- Entwicklung antirassistischer Strategiekonzepte, u.a. zu Clearingverfahren sowie antirassistische Interventions- und Beteiligungsstrategien
- Bedarfsorientierte Trainings und Coachings im Umgang mit Rassismus und Hass
Damit handelt es sich um ein zielgerichtetes Modellprojekt in drei Modulen, welche auch den Austausch mit anderen Kommunen beinhalten. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und Sicherheitsbehörden soll gefördert werden, durch Schulung von Verantwortungsträgern und Multiplikatoren können diskriminierungsfreie Abläufe, beispielsweise im Migrationsbereich, eingeübt werden. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie für Antirassismus fördert zu 100% und unterstützt das Projekt. Somit sind keine Eigenmittel erforderlich. Bis zum 28.02.2023 können sich Kommunen noch für eine Teilnahme am Modellprojekt bewerben – die Landeshauptstadt Erfurt könnte nun eine dieser 10 Modellkommunen sein.
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