Keine Umbenennung des Nettelbeckufers – Ein Rückschlag für die Aufarbeitung des Kolonialismus in Erfurt

Die Mehrheit des Stadtrates hat sich in seiner letzten Sitzung auf Antrag des Oberbürgermeisters dafür entschieden, das Nettelbeckufer nicht umzubenennen und den Beschluss zum „Runden Tisch“ aufzuheben. Stattdessen soll nun die Karlsbrücke umbenannt. Zudem wird eine Tafel am Nettelbeckufer angebracht, die sowohl das Wirken Gert Schramms als auch die historische Betrachtung Joachim Nettelbecks kritisch beleuchtet. Diese Entscheidung ist nicht nachzuvollziehen, hat doch eine Diskussion zwischen Befürworter*innen der Umbenennung und der Anwohnerschaft nicht stattgefunden.

Als Bündnisgrüne hatten wir gemeinsam mit der Linksfraktion einen Antrag eingereicht, ein Bürger*innenforum zu schaffen, damit ein tragfähiger, gemeinsamer Kompromiss gefunden werden kann. Die von SPD, CDU und AfD angeführte Kompromisslösung ist keine, da die Initiativen an diesem nicht beteiligt wurden. Ein gemeinsames Forum hätte die Chance geboten, eine für beiden Seiten tragfähige Lösung zu finden. Warum der Oberbürgermeister durch seinen Antrag die aktive Bürger*innenbeteiligung abwürgt und somit die Zivilgesellschaft schwächt, ist wir uns Bündnisgrüne mehr als fragwürdig.

Mit der jetzigen Entscheidung wird weiterhin ein Kolonialist und Sklavenhändler mit einer Straße geehrt, während Gert Schramm, der am Nettelbeckufer geboren wurde und das KZ Buchenwald überlebte, mit einer Brücke seine Ehrung findet. Das ist unwürdig gegenüber einem Menschen, der sich zeitlebens gegen Rassismus und Rechtsextremismus einsetzte und dessen Vorfahren unter Menschen wie Joachim Nettelbeck gelitten haben.

Dennoch wird die Diskussion mit dem Beschluss nicht beendet sein und wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass die Aufarbeitung des kolonialen Erbes der Stadt Erfurt aktiv vorangetrieben wird. Dass das Nettelbeckufer Teil dieser Diskussion sein wird (und sein muss) dürfte allen Bürger*innen klar sein. 

Wir danken ausdrücklich Decolonize Erfurt und der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland für ihr Engagement, denn durch sie wurde eine Diskussion über Kolonialisierung angeregt, die für die Zukunft von sehr wichtiger Bedeutung sein wird.

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