Grüne fordern ehrliche Kita-Debatte statt Schönmalerei

Nico Paul: „In Erfurt fehlen derzeit mindestens 151 Kindergartenplätze

In der gestrigen Sitzung des Jugendhilfeausschusses wurden unsere Anfragen “Stand der Fortschreibung des Programms zur Erhaltung und zum Ausbau von Betreuungsangeboten in Kindertageseinrichtungen 2022-2025” und “Geplante Neubauten im Bereich Kindertageseinrichtungen” behandelt. Die erste Anfrage wurde nach immerhin vier Monaten (statt 14 Tagen) beantwortet, die zweite ist seit dem 16.08.2023 unbeantwortet.

Dazu erklärt Nico Paul, Mitglied im Jugendhilfeausschuss: “Die Erfurter Kita-Landschaft ist mit heißer Nadel gestrickt. Das große Kita-Sanierungsprogramm der letzten Dekade ist noch nicht abgeschlossen, das heißt einige Kitas noch nicht durchsaniert. Darum sollte dieses Sanierungsprogramm laut Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2021 für die Jahre 2022-2025 fortgeschrieben werden. Diese Fortschreibung ist zwingend notwendig, weil sie eine fachliche Grundlage für die ausstehenden Sanierungen und für die Bereitstellung der notwendigen Finanzen in den jährlichen Haushalten darstellt. Auf unsere Anfrage hin erfuhren wir, dass das Sanierungsprogramm irgendwann im 2. Halbjahr 2024 vorgelegt werden soll. Dabei sollte es schon seit 2022 vorliegen! Unsere Anfrage nach den geplanten Neubauten blieb unbeantwortet.

Zeitgleich wurde im gestrigen Jugendhilfeausschuss die Kita-Bedarfsplanung für das neu begonnene Kita-Jahr beschlossen, also die Bedarfsanalyse inklusive der tatsächlich vorhandenen Kita-Plätze. Aus dieser geht hervor (Anlage 1, Seite 91), dass im Kita-Jahr 2023/2024 151 Kita-Plätze fehlen, wir also ein Defizit an Plätzen haben! Dieses Defizit wird aber nur dann nicht noch größer, wenn für diesen Zeitraum alle geplanten Sanierungsmaßnahmen pünktlich abgeschlossen und geplante Neubauvorhaben umgesetzt werden. Noch gar nicht berücksichtigt sind zudem unvorhergesehene Schwankungen oder der Zuzug weiterer Familien mit Kleinkindern (bspw. geflüchtete Kinder).

Um den Bestand zu sichern, mahnt dieses Dokument nicht ohne Grund zu einer fortwährenden Bestandssicherung durch Sanierungsmaßnahmen (siehe Seite 90)!

Real haben wir also in Erfurt aktuell ein Defizit an Kita-Plätzen von mindestens 151 Plätzen. Dass vor diesem Hintergrund ein bereits gefällter Beschluss des Stadtrates zum Neubau einer Kita am Ringelberg aufgehoben werden soll, und im Jugendhilfeausschuss nur wir als Grüne dagegen stimmten, macht sprachlos”, fasst Nico Paul die gestrige Sitzung des Jugendhilfeausschusses zusammen.

Astrid Rothe-Beinlich, Fraktionsvorsitzende der bündnisgrünen Stadtratsfraktion ergänzt:
“Wenn wir bei einer bereits beschlossenen Kita aus Kostengründen den Neubau streichen, weil weder die Kirche als Projektträgerin noch die Landeshauptstadt willens oder in der Lage sind, nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen, sehe ich schwarz für den deutlich größeren Kraftakt, der mit der Schulsanierung und notwendigen Schulneubauten vor uns liegt. Wir hoffen auf die Einsicht des endgültig entscheidenden Stadtrates am 27.09.2023, nicht an der falschen Stelle den Rotstift anzusetzen!


Dass aber der Oberbürgermeister und der Amtsleiter des Jugendamtes trotz einem Defizit an Kita-Plätzen, einer immer noch nicht vorgelegten Fortschreibung des Kita-Sanierungsprogramms 2022-2025, der absolut ungewissen Zukunft von teilweise beschlossenen Kita-Neubauten und einer vollkommen unbekannten Anzahl von künftig neu geborenen und neu hinzugezogenen Kindern ein derart schöngefärbtes Bild der Erfurter Kita-Landschaft malen (Pressemitteilung des Oberbürgermeisters, Amtsblatt), grenzt schon an bewusste Realitätsverweigerung.

Es wird auch in den nächsten Jahren in Erfurt darum gehen, ausreichend Kita-Plätze anzubieten und diese langfristig zu sichern. Außerdem bleibt unser Ziel, den Betreuungsschlüssel in den Kindergärten weiter zu verbessern. Wir brauchen mehr und nicht weniger Qualität gerade in der frühkindlichen Bildung.


Wir fordern daher den Oberbürgermeister und den Amtsleiter des Jugendamtes auf, nicht auf dem Rücken der Kleinsten Wahlkampf mit geschönten Darstellungen zu betreiben und dem Thema Kita-Sanierungen und Neubau von Kindergärten endlich mit dem notwendigen Ernst zu begegnen!”

V.i.S.d.P.: Martin Kosny (0361 655 2030)

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