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Replik auf den Artikel „Das kann keiner bezahlen“: Erfurter WBG legt alle Wohnungsvorhaben auf Eis am 04. Januar 2024 in der Thüringer Allgemeinen Erfurt

Am 4. Januar 2024 erschien oben genannter Artikel in der Thüringer Allgemeinen. Darin thematisieren die Vorstandsvorsitzenden der WBG „Einheit“ Herr Büttner und Herr Gottschalk gestiegene Baupreise sowie mangelnde Unterstützung durch das Stadtplanungsamt. 

Vorangestellt muss Erwähnung finden, dass die WBG „Einheit“ mit ihrem genossenschaftlichen Ansatz ein dauerhafter Partner der Stadt Erfurt für die Versorgung der Erfurter*innen mit bezahlbarem Wohnraum ist. Die Vorstandsvorsitzenden haben sich mit ihrem jahrelangen Wirken in Erfurt und für ihre Mieter*innen verdient gemacht. 

In ihren Statements verdeutlichen die Beiden die Effekte der Preisentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt und verdeutlichen den Handlungsbedarf für das zuständige Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und die Bauministerin Geywitz. Der Hinweis darauf, dass die Wohnungswirtschaft aktuell die energetischen Vorgaben teilweise als Herausforderung betrachtet, ist berechtigt, insbesondere wenn Wohnungsunternehmen bemüht sind, Kosten nicht ungehemmt an ihre Mieter*innen umzulegen. Eine entsprechende Förderpolitik passend zu den Vorgaben aufzulegen und zu finanzieren, ist Aufgabe der Bundesebene. Hierbei erweist sich das Festhalten an der Schuldenbremse als Hindernis.

Weiter öffnet der Artikel auch Raum für Kritik an dem Stadtentwicklungsamt. Hierbei bekräftigten die beiden Vorstandsvorsitzenden den Vorwurf, dass die strategische Ausrichtung der Wohnungsbaupolitik zu sehr einen Fokus auf private Investor*innen lege. Die gemeinwohlorientierten Akteur*innen, hier insbesondere die Genossenschaften mit ihren zahlreichen Bestandsmieter*innen, kämen in dieser Ausrichtung zu kurz. Diese Analyse des WBG-Vorstands teile ich uneingeschränkt. Als Beispiel darf hierbei daran erinnert werden, dass die KoWo mbH kürzlich selbst als städtische Tochter nur durch den Druck von mehreren Fraktionen den Bebauungsplan in der Tallinner Straße mit u.a. 28 Sozialwohnungen fristgerecht für einen zeitnahen Baubeginn bestätigt bekommen hat. Hinter vorgehaltener Hand klagen Mitarbeiter*innen unterschiedlicher Firmen oder Einrichtungen über ihren täglichen Ärger mit dem Planungsamt und der verschleppten Bearbeitung von Anfragen. Das Hin- und Her bekannter Wohnprojekte in Erfurt bezieht sich eher auf andere Ämter, aber es wird deutlich, dass auch diese als gemeinwohlorientierte Player im Planungsamt nicht wahrgenommen werden. Unter aktuellen Gesichtspunkten zeigt sich, dass Private weniger Verlass bieten, ihre Projekte häufiger wieder abstoßen oder gezielt gewinnorientiert weiterveräußern. Hier gilt es umzusteuern.

Weniger zutreffend halte ich jedoch die Unterstellung der Vorstände, dass im Stadtentwicklungsamt eine „Bullerbü-Mentalität“ vorherrsche. Gründächer und Grünfassaden lassen sich leicht als ökologische Träumerei kleinreden, aber stellen einen wichtigen Bestandteil eines wirksamen Hitzeschutzes dar. Insbesondere bei der Mieterstruktur der Genossenschaften spielt das in der Lebens- und Wohnqualität von Kindern oder Senior*innen eine verstärkte Rolle. Auch steigern die Gründächer die Wirkungsgrade von PV-Anlagen und refinanzieren sich entsprechend – ganz zu schweigen von der gesetzlichen Anforderung, Regenwasserversickerung zu gewährleisten. Nicht nur ist es riskant, die notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen oder gesetzlichen Vorgaben für die Fernwärme mit steigenden Mieten in einen Zusammenhang zu bringen, sondern auch analytisch nicht die Ursache für die zurecht bemängelten Defizite im Stadtentwicklungsamt.

Die benannte Geothermie ist insbesondere eine Angelegenheit der Stadtwerke, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen die Fernwärme aus nachhaltigen Quellen bereitzustellen hat. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Erdgas als Energieträger unzuverlässig ist und sich mit dem russischen Angriffskrieg die Energiekosten zahlreicher Mieter*innen in Erfurt mittelfristig erhöht haben. Die in den Blick genommene Umstellung der Fernwärme auf Geothermie ist damit nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern auch für eine nachhaltige und bezahlbare Fernwärme bei Ausbau des Netzes unerlässlich.

Vor dem Hintergrund empfehle ich sehr die Kritik am Stadtentwicklungsamt nicht auf solche Aspekte zu erstecken, die sich möglicherweise nicht sofort betriebswirtschaftlich rechnen, aber im Sinne der Stadt und der Mieter*innen einen offensichtlichen Mehrwert bieten. Hierbei verschwimmt auch die berechtigte Kritik an den Prioritäten und strategischen Ansätzen des Amtes mit Blick die Zusammenarbeit mit gemeinwohlorientieren Akteur*innen am Wohnungsmarkt. 

Jasper Robeck

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